Die Sage vom Sargnagel

Mündlich überlieferte Sage von Katharina Tötschinger, geb. Hantl, geb. 1880 (Großmutter von Hermann Tötschinger)

Früher war es üblich, dass Angehörige bei Verstorbenen zuhause bis zum Zeitpunkt des Begräbnisses eine „Totenwache“ hielten. Aus dieser “Totenwache” leitet sich das heute noch im Dorfjargon gebräuchliche “wochtn” als Bezeichnung für die Betstunde des Verstobenen ab.

Eines Tages verstarb ein Fremder in Jois, der auf der Durchreise war. Die Frage war, wohin mit dem Leichnam bis zur Überführung in seine Heimat, bis zum Begräbnis? Die Joiser trugen ihn kurzerhand im Sarg in ihre Friedhofskapelle (Station 4) (Verlinkung). Hier lag er nun „unbewacht“, weit weg von zuhause.

Der Tod des Reisenden hatte sich schnell herumgesprochen. Bald wusste es die ganze Gemeinde und selbst im Gasthaus wurde über ihn geredet. Wer war der Fremde, woher kam er, woran ist er gestorben usw. Bald war man im Gespräch. Es wurden auch Gruselgeschichten über den Friedhof erzählt. Wie unheimlich es dort in der Nacht sei; dass man nachts nicht durch den Friedhof gehen solle, denn die armen Seelen halten einen oft fest und bitten um ein erlösendes Gebet. 

Unter den Zuhörern waren auch ein paar Burschen, die bereits ordentlich über den Durst getrunken hatten und sich daher überaus stark und mutig fühlten. Der Wirt goss noch Öl ins Feuer und forderte die Burschen heraus: „Wenn sich jemand von euch allein und ohne Laterne in die Friedhofskapelle zum Sarg des Toten traut, dem spende ich zehn Liter Wein und ein Essen“. Bei so einem Angebot wollte keiner der Burschen zugeben, dass er im Grunde doch Angst hat, eine solche Tat zu begehen. So dauerte es dann doch eine Weile, bis sich einer der Burschen durchrang und die Herausforderung des Wirtes annahm: „Ich habe keine Angst, ich mache es!“

„Aber wie sollte man das kontrollieren? Vielleicht täuscht er das nur vor und geht gar nicht bis zum Sarg?“, fragten sich die Anwesenden. Man beschloss daher, dass er zum Zeichen dafür, dass er wirklich beim Sarg war, einen Nagel in den Sarg einschlagen müsse. Am nächsten Tag wollte man sich bei Sonnenaufgang vor der Kapelle treffen, um dann zu überprüfen, ob der Nagel tatsächlich in den Sarg eingeschlagen wurde. Hammer und Nagel wurden dem jungen Mann in die Hand gedrückt. Dieser verließ das Wirtshaus Richtung Friedhof. Auch die anderen gingen bald heimwärts.

In aller Früh des nächsten Tages traf einer nach dem anderen beim Friedhof ein, selbst der Wirt. Nur einer fehlte, die eigentliche Hauptperson, der junge Bursch, der noch am Abend zuvor mit seinem Wagemut geprahlt hatte. Hatte er verschlafen? Oder hatte er sich letztendlich doch nicht getraut? War er zu feig gewesen, schämte er sich und kam deshalb nicht hierher?

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Nächtlicher Spuk in der Friedhofskapelle von Jois © Zeichnung zur Sage von Mag. Susanne Winter

Nach einer Weile öffneten die anwesenden Ortsbewohner die Tür zur Kapelle – und siehe da – neben dem Sarg mit dem toten Fremden lag tot auf der Erde auch ihr Freund. Was um Himmels Willen war passiert?

Beim näheren Hinsehen merkten alle rasch, dass der Nagel tatsächlich eingeschlagen war, ihr Kamerad aber unglücklicherweise beim Einschlagen des Nagels seinen eigenen Rock mit angenagelt hatte. Als der Kamerad nach seiner Heldentat nach Hause eilen wollte, gelang es ihm nicht. Er war vom eigenen Nagel zurückgehalten worden. Weil er jedoch meinte, der Tote hielte ihn zurück, geriet er in Panik und erlag einem Herzschlag. So wurde der eingeschlagene Nagel zu seinem eigenen Sargnagel. 

…und Ortsfremde wurden mit Einheimischen im Tode vereint.

Aus dem Buch „Hexen, Tod & Teufel“, Geschichte und Geschichten aus Jois,
Verfasser: Msgr. Dr. Franz Hillinger, 2015

Nr. 5

NS – Gedenktafel

Gedenk- und Mahntafel

Wer waren die „Zigeuner“?
Heute ist der Begriff „Zigeuner“ verpönt bzw. hat einen diskriminierenden, abwertenden Beigeschmack und gilt als Schimpfwort. Man spricht heute nur von Roma und Sinti. Im weiterführenden Text wird dieses Wort aber als zeithistorischer Begriff ohne jegliche Diskriminierungsabsicht verwendet.

Warum wurde der Gedenkstein errichtet?
Im Jahr 2014 wurde auf der Ried Spiegelhöhe das neue Feuerwehrhaus errichtet. Dort war der historische Siedlungsplatz der „Zigeuner“, welcher umgangssprachlich auch „Zigeunerlager“ genannt, wurde. 

Siehe dazu die Station Nr. 40 – „Zigeunerlager“. Hier können Sie mehr zum Thema „Zigeuner“ nachlesen.

Auf Initiative von Msgr. Dr. Franz Hillinger wurde gemeinsam mit der Marktgemeinde Jois im Zuge des Neubaus des Feuerwehrhauses ein Gedenkstein am Standort des ehemaligen „Zigeunerlagers“ gesetzt. Zeitgleich wurde im Friedhofsbereich, 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, diese Gedenktafel errichtet, die an die menschenunwürdigen Ereignisse des Zweiten Weltkrieges erinnern soll und zugleich eine Mahnung für den heutigen Betrachter ist.


Nr. 9
Errichtet
2015
Eigentümer
Marktgemeinde Jois

Schanzweg – Wehranlagen der Wehrkirche

Wehranlage und Kruzitürken!

Kriegsgefahren – Kruzitürken!
Über die frühen Kriegsgeschehnisse gibt es nur wenige schriftliche Quellen. Bereits im 14. Jahrhundert drängten die Osmanen in Richtung Westen. 1526 wurde dem ungarischen Heer eine verheerende Niederlage durch die Osmanen zugefügt. Diese Niederlage führte in weiterer Folge zur ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahre 1529 durch Sultan Süleyman. Sowohl beim Zug nach Wien, nachdem Ofen (das heutige Budapest) eingenommen wurde, als auch bei der Rückkehr ins osmanische Reich wurde Jois von den Türken heimgesucht. Aufgrund der geografischen Lage ist davon auszugehen, dass bei jedem größeren Feldzug von Ost nach West von Osten nach Westen Jois in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Im Jahr 1683 folgte die zweite Türkenbelagerung von Wien durch Großwesir Kara Mustafa. Auch für diese Zeit sind Kriegsgeschehnisse in und um Jois historisch belegt.

In den Jahren von 1670 bis 1711 erfolgte gleichzeitig ein Aufstand von ungarischen Adeligen gegen die Habsburger. Der Aufstand von Franz II. Rákóczi war 1703 bis 1711 der letzte aus einer Serie von antihabsburgischen Aufständen und zugleich der letzte sogenannte Kuruzenaufstand, welcher in Jois und Umgebung zu erheblichen Verwüstungen geführt hat. Der Fluch „Kruzitürken!“, zum Ausdruck des Zorns über eine unerfreuliche Entwicklung, entstand als Zusammenziehung von „Kuruzen und Türken!“. Die Bezeichnung des Ortsteils “Krotzen” – südlich der Bahntrasse – stammt vermutlich ebenfalls aus dieser Zeit, da hier die Kuruzen ihr Lager aufgeschlagen hatten.

Baugeschichte – Funktionsweise
Die direkt hinter der Stadlreihe des historischen Dorfgefüges liegende Wegeführung wird als Sätzgasse bezeichnet. Es kann nur vermutet werden, dass die Namensgebung mit der Aussaat – umgangssprachlich “setzn” oder einer anderen landwirtschaftlichen Tätigkeit in Verbindung steht, da hier im Hintausbereich der Wohnhäuser die Nutzfelder zur Ernährung der Bewohner lagen. 

Die nördlichere Wegeführung am Ried Kirchberg, vom westlich gelegenen Hauptplatz zur östlich gelegenen Josef-Haydngasse, wurde seit jeher  als Schanzweg bezeichnet. Die heutigen Benennungen lauten für den östlichen Teil “Unterer Kirchberg” und für den westlichen Teil “Kirchbergweg”. 

Definition des Wortes Schanze, lt. Wikipedia-Abfrage vom 02.02.2022:

Das Wort „Schanze“ leitet sich ursprünglich von Reisigbündel her, da im späten Mittelalter bei Belagerungen häufig provisorische Befestigungsanlagen aus Schanzkörben errichtet worden sind. Später wurden solche Schanzen sehr häufig aus Erdwällen errichtet. Daher wurde im 16. Jahrhundert das Wort „schanzen“ ganz allgemein auf Erdarbeiten jeder Art übertragen. Der militärische Sprachgebrauch benutzt heute noch schanzen für kleinere Erdarbeiten, vor allem für die Anlage von Schützengräben. Aus diesem bereits übertragenen Sprachgebrauch stammt schließlich auch der Ausdruck „sich verschanzen“ im erweiterten, übertragenen Sinne: z.B. „sich hinter Paragrafen verschanzen“.

Auffallend ist, dass dieser historische Weg annähernd geradlinig verläuft und an der Südseite von einer Trockensteinmauer gestützt wird. Der Höhenunterschied von der Wegebene zum tiefer liegenden Niveau beträgt je nach Topographie zwischen 1 m und bis zu 3 m. 

Im Westen beginnt der Verlauf des Weges am nördlichen Ende des Hauptplatzes – der den Beginn der historischen Siedlungstätigkeit markiert – und sicherte so eine rasche Fluchtmöglichkeit zu den Wehranlagen der mittelalterlichen Pfarrkirche am Berghang. 

Entlang der Wegeführung ist die Trockensteinmauer teilweise noch erkennbar. Am südlichen Ende des Wegeverlaufes ist eine wallartige Erdanhäufung sichtbar. Dieser Wall könnte mit der ursprünglich militärischen Nutzung in Verbindung stehen. Gleichzeitig könnte es sich lediglich um eine Anhäufung von Steinen bzw. biogenen Abfällen der ehemaligen landwirtschaftlichen Flächen handeln. Archäologische Untersuchungen könnten hier Aufschluss bringen. 

Die nördlich gelegene Pfarrkirche ist mitsamt dem alten Friedhof von einer Steinmauer eingefriedet – siehe dazu auch Station Nr. 3. Die Bezeichnung Friedhof leitet sich vom eingefriedeten Bereich rund um die Kirche ab.

In den kriegerischen Zeiten war es durchaus vorstellbar, dass sich die Bewohner von Jois in den Friedhof bzw. in die mittelalterliche Wehrkirche zur Verteidigung zurückzogen. Von dieser erhöht liegenden Fläche konnte die damals unbebaute Fläche rings um die Pfarrkirche leicht überwacht und verteidigt werden.

Die Funktionsweise der städtebaulichen Wehranlagen einer Stadtmauer und dem freien Vorfeld ist in Jois vorhanden. Im Fall von Jois erfüllt die Einfriedungsmauer des Friedhofes die “Stadtmauer” zur Verteidigung des inneren Ringes. Vermutlich war die Höhe der Einfriedungswand bergeseitig ursprünglich höher, um eine bessere Verteidigung zu gewährleisten. Im Laufe der Zeit hat die Mauer an Höhe verloren, vermutlich aus Kostengründen der laufenden Instandhaltung.Südseitig sind jedoch immer noch Mauerhöhen von ca. 3 m bis 5 m zu erkennen. Das freie Vorfeld war durch die landwirtschaftlichen Nutzflächen gegeben. Der südseitige Schanzverlauf diente in Kriegszeiten der Verteidigung. In Friedenszeiten war die “befestigte” Wegeführung für die landwirtschaftlichen Transporte von großem Nutzen.

Die freie, unbebaute Fläche östlich, südlich und westlich der Pfarrkirche war bis zur Jahrtausendwende gut erkennbar. Im östlichen Bereich erfolgte Anfang des 21. Jahrhunderts die Bebauung der freien Fläche.

Vom Standort der Pfarrkirche aus kann die pannonische Tiefebene sehr gut überblickt werden. Der Neusiedlersee wirkt als natürliche Barriere gegen Süden. Von der Südseite waren keine direkten Angriffe zu erwarten. Gleichzeitig konnte in der Ferne das Herannahen feindlicher Truppen zeitgerecht erkannt werden. Meist folgten den Eroberungen Plünderungen und Brandschatzungen, so dass die Auswirkungen dieser aus weiter Ferne bereits erkennbar waren. Aufgrund der natürlichen Hanglage und des Höhenunterschiedes des Schanzweges waren die Verteidiger in einer strategisch besseren Situation als die feindlichen Angreifer, welche sich bergauf und schutzlos vorwärts kämpfen mussten.

Die von Neusiedl am See bis nach Petronell an der Donau verlaufende Türken- bzw. Kuruzenschanze wurde 1703 bis 1704 errichtet. Dieser Schanzverlauf, oder zumindest der Beginn in Neusiedl am See beim Tabor, konnte vom Standpunkt der Pfarrkirche aus gut überwacht werden. 

Nr. 10

Rätselrally:

Was bedeutet „Kruzitürken“?

Kühlhaus / Feuerwehr-Depot

Von der Lebensmittelkonservierung zur Lebensgefahr

Wozu diente das Kühlhaus? 
Im Jahr 1958 wurde das Grundstück mit ca. 70 m² Grundfläche von der Milchgenossenschaft an die Marktgemeinde Jois zur Errichtung des Tiefkühlhauses verkauft. Eine Gefriertruhe zum langfristigen Konservieren von Lebensmitteln war für die meisten Menschen nach dem Weltkriegsende 1945 nicht leistbar.

Deshalb wurde von der Marktgemeinde Jois dieses Objekt mitsamt Kühltechnik und versperrbaren Gefrierfächern errichtet. Die Menschen konnten gegen ein monatliches Entgelt diese Fächer mieten und ihre Lebensmittel hier einfrieren und lagern. 

Ein weiteres Tiefkühlhaus befand sich in der Kirchberggasse, womit beide sehr zentral gelegen waren.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und dem Wohlstand der Bevölkerung wurde die Funktion des Gebäudes obsolet. Daher wurde dieses Objekt für Lagerzwecke der Freiwilligen Feuerwehr Jois überlassen.

Von der Lebensmittelkonservierung zur Lebensgefahr
Im Zuge der traditionellen Ostermontagsübung am 24. März 2008 kam es zu einer folgenschweren Katastrophe, die das Gebäude zum Einsturz brachte und wodurch zwei Personen verletzt wurden.

Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Jois wollten für die bevorstehende Übung einen Brand simulieren. Durch unglückliche Umstände kam es zu einer explosionsartigen Verpuffung, wodurch die Außenwände regelrecht nach außen gedrückt wurden und die Deckenkonstruktion mitsamt dem darüberliegenden Dachstuhl auf zwei Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Jois herabstürzten. Dabei wurde einer der Feuerwehrmänner leicht verletzt, der andere so schwer, dass er mit dem Notarzthubschrauber in ein Spital geflogen werden musste.

Nach diesem tragischen Vorfall wurden die Reste des Objektes komplett abgetragen. Heute erinnert einerseits die Eckausbildung der Stützmauer zur Aufbahrungshalle an den Standort des Kühlhauses und andererseits die Teletext-Meldung (siehe Fotos „Teletextmeldung, 2008“) an die tragischen Begebenheiten an dieser Stelle.

Nr. 12

Der Hotterstein im Innenhof des Gemeindeamts

Grenzstein von 1731

Zur historischen Bedeutung von Hottersteinen
Der Name “Hotter” leitet sich aus dem Ungarischen „határ“ = Grenze ab und bezeichnet umgangssprachlich das gesamte Gemeindegebiet der politischen Gemeindeverwaltung. In der Zeit der ersten Jahrtausendwende wurden die Grenzen zwischen den benachbarten Dorfgemeinschaften durch Waldschneisen, Bachläufe, Gräben, Steinanhäufungen oder bewusst gepflanzte Bäume, sogenannte „Markbäume“, gekennzeichnet.

Es kam immer wieder zu Streitigkeiten zwischen benachbarten Dörfern in Bezug auf den Grenzverlauf. Anlass dafür waren zumeist die besonders fruchtbaren Böden, die zur Nachbargemeinde gehörten. Daher ging man dazu über, die Grenzverläufe durch Erdwälle und große kunstvoll gestaltete Hottersteine zu markieren.

Was bedeuten die Buchstaben und Zahlen?
Die Initialen der Anrainergemeinde sowie die Jahreszahl der Steinsetzung wurden direkt in den Stein eingemeißelt. Die Zeichen wurden immer an der Seite des Steines hergestellt, an der die Grenzlinie des Hottergebietes lag. 

Auch am Steinfuß, welcher im Erdreich vergraben war, wurden die Initialen der jeweiligen Gemeinde und manchmal auch die Jahreszahl in vereinfachter Form angebracht. Dies diente dazu, dass bei mutwilliger Beschädigung des Steines aus der Lage des Steinfundamentes immer noch der tatsächliche Grenzverlauf erkennbar war.

Die Steinsetzungen erfolgten meist im Zuge von Kommissionen, welche aus Vertretern der jeweiligen Gemeinde sowie Vertretern der Grundherrschaft bestanden. Es wurde eine Niederschrift abgefasst, auf der alle Vertreter der entsprechenden Kommission unterfertigten.

Folgende Initialen sind an den Hottersteinen von Jois sichtbar:

N oder auch NS – für Neusiedl am See

B oder SP – für Bruck an der Leitha bzw. Stadt Prugg

P – für Parndorf

W – für Winden

G – für Geos = eine der alten Schreibformen von Jois

Welche Funktion hatte der Hotterstein von 1731?
Aus den vorgenannten Ausführungen ist zu folgern, dass der im Innenhof des Gemeindeamts aufgestellte Hotterstein die Grenze zwischen Geos (alte Bezeichnung für Jois) und Neusiedl am See markierte und 1731 errichtet wurde.

Die ursprüngliche Lage des Hottersteines ist heute nicht mehr feststellbar. Im Fotoarchiv des Museums Jois ist ein Foto dieses Hottersteines um 1970 vorhanden, welcher mit dem römischen Mörser in der Grünfläche am Hauptplatz lagert. Nach Rücksprache mit dem damaligen Bürgermeister Georg Hoffmann wurde dieser Hotterstein in der Ried Strassäcker gefunden. Vermutlich wurde dieser Grenzstein nach einer Grundstückstransaktion von den neuen Besitzern ausgegraben und auf Joiser Grund abgelegt. Nach dem „Fund“ des Hottersteines wurde dieser von den Gemeindearbeitern nach Jois transportiert und am Hauptplatz zwischengelagert. In weiterer Folge wurde das Fundstück in die Sammlung des Museums Jois eingebracht.

Im Sockelbereich, der ursprünglich im Erdreich vergraben war, ist heute das einfache G (für Geos) sichtbar, das ehemals zur Grenzabsicherung diente.

Was versteht man unter einem „Hottergang“?
Zu den besonderen Eigentümlichkeiten im Zusammenhang mit Hottersteinen zählt der so genannte „Hottergang“ oder die „Hotterbegehung“. Was aber ist damit gemeint und zu welchem Zweck wurde dieser bzw. diese durchgeführt?

Nachstehende Auszüge geben Auskunft zum Ablauf einer solchen Hotterbegehung [entnommen aus: Leopold Schmidt, Aus der Arbeit am Atlas der burgenländischen Volkskunde (Burgenländische Heimatblätter 23), 1961, S. 63]:

Was ist eine „Hotterwatschen“?
An der Oberseite der Hottersteine war eine kleine Mulde ausgeformt, deren Anbringung von vorchristlichen, insbesondere keltischen Bräuchen abgeleitet wird. Die Kelten brachten in solchen Steinmulden ihren Göttern Trankopfer dar. In abgewandelter Form wird dieser Brauch bei der Hotterbegehung in Form der Austeilung einer so genannten „Hotterwatschen“ weitergepflegt. 

Eine „Hotterwatschen“ wurde traditionellerweise im Zuge der oben beschriebenen Grenzbegehungen ausgeteilt. Dabei wurde Wein in die Mulde des Steins gefüllt, den die jungen Bewohner der Gemeinde Jois austrinken sollten. Während sie dies aber in vorgebeugter Haltung taten, wurde ihnen von hinten ein ordentlicher Tritt in den Hintern erteilt, die so genannte „Hotterwatschen“. 

An welchem Tag fanden die „Hotterbegehungen“ in Jois statt?
Eine Antwort darauf gibt erneut eine Stelle aus der Arbeit am Atlas der Burgenländischen Volkskunde [siehe Leopold Schmidt, Aus der Arbeit am Atlas der burgenländischen Volkskunde (Burgenländische Heimatblätter 23), 1961, S. 63]:

Ob in Jois die Hotterbegehungen tatsächlich am Georgs- oder Georgitag stattfanden, kann nicht bestätigt werden. Der Georgstag wird in Jois seit alters her am 24. April gefeiert, der zugleich der Tag des Patroziniums der Pfarrkirche ist. An diesem Tag wurde zunächst der Gottesdienst besucht und anschließend der Kirtag begangen. Auch der Krämermarkt fand an diesem Tag statt und nachmittags wurden die Wirtshäuser besucht. 

Über die Kombination aus der „Hotterwatschen“, die zum einen schmerzvoll war, und dem gleichzeitigen Weintrinken, das zum anderen als angenehm empfunden wurde, sollte den jungen Mitbewohnern von Jois auf gewissermaßen originelle Art und Weise ein Bewusstsein für den Grenzverlauf der Gemeinde vermittelt oder man könnte sagen „eingebläut“ werden. 

Die Schwarz/Weiß-Fotos stammen aus der Sammlung des Museums Jois und zeigen diverse Hottersteine.

Nr. 18
Errichtet
2015
Eigentümer
Marktgemeinde Jois

Rätselrally:

Wann wurde dieser Hotterstein errichtet?

Warum wurden Hottersteine generell errichtet?

Zu welcher Nachbargemeinde war dieser Hotterstein ursprünglich positioniert?

Was ist eine Hotterbegehung?

Was ist eine „Hotterwatschen“ und warum und an wen wurde diese ausgeteilt?